IG Auschwitz:

Seit nun einem Jahr residieren die Geisteswissenschaften der Goethe Uni Frankfurt im IG Farben Gebäude, dem ehemaligen Hauptsitz des gleichnamigen deutschen Chemie-Trusts, der wie kein anderer zum Symbol der Verstrickung der deutschen Industrie in die NS-Verbrechen wurde, als aktiver Komplize und treibende Kraft der räuberischen Kriegspolitik, Überfall und Ausplünderung anderer Länder, Verschleppung, Versklavung und Vernichtung von Millionen Menschen. In besonderem Maße steht der IG Farben Konzern für das Menschheitsverbrechen Auschwitz. Aufgrund freundschaftlicher Beziehungen der Konzernleitung zur SS erhielten die IG Farben ein eigenes KZ in Monowitz, in der sie unter massivem Sklavenarbeitereinsatz ein Buna-Werk errichteten, bei dem Abertausende umkamen. Die Ingenieure des IG Konzerns nahmen dabei selbst "Selektionen" vor: sie bestimmten, wer aufgrund von physischer Erschöpfung ins Gas geschickt wurde. Doch schon am Bau des Vernichtungslagers Auschwitz waren die IG durch Kredite beteiligt. Nur dank ihrer finanzkräftigen Unterstützung konnte die "Todesfabrik" errichtet werden. Das Giftgas Zyklon B lieferte ein Tochter-unternehmen. Der Name der IG FARBEN ist untrennbar von dem Grauen der Gaskammern.

Vergangenheitspolitik:

Gab es im Vorfeld des Umzugs noch Diskussionen darüber, wie mit dieser "Last der Geschichte" umzugehen sei, bzw. ob es überhaupt möglich ist, das Gebäude des 'Blutkonzerns' zivil zu nutzen, wurde im Oktober mit der offiziellen Eröffnung des neuen Uni-Standortes "Campus Westend" die Debatte für beendet und die Vergangenheit für bewältigt erklärt: eine Dauerausstellung ist installiert und eine Tafel zum Gedenken an die Ermordeten des KZ Buna-Monowitz ist vor dem Haupteingang in den Boden eingelassen. Beides wurde nach langen Auseinandersetzungen zwischen Überlebenden und Studierenden auf der einen, der Universitätsleitung und dem Land Hessen auf der anderen Seite durchgesetzt - gegen den Willen von Uni-Leitung und Landesregierung. Die Feierlichkeiten am 26. Oktober 2001 gerieten zu einem peinlichen Debakel: Kein Überlebender erhielt die Möglichkeit zu sprechen und die Studierenden wurden gar nicht erst eingeladen - abgesehen von einer Alibi-AStA-Delegation und einigen wenigen Überlebenden, die trotz jahrelanger zermürbender Streitereien mit Land und Universität an der Enthüllung der Gedenktafel, für die sie so lange kämpfen mussten, teilnahmen. Sie, die das zu Erinnernde am eigenen Leib erfahren mussten, die Zeugnis ablegen können von dem Unbegreiflichen, das in Auschwitz geschah, wurden zu Zuschauern eines offiziösen Festaktes degradiert, der von einem hohlen Pathos dröhnte. Das, was eine Begegnung zwischen den Generationen, zwischen Zeitzeugen und Studierenden hätte werden können, geriet zu einer leeren Pflichtveranstaltung. Die Chance einer Einladung aller Überlebender von Buna-Monowitz, wie sie das Fritz-Bauer-Insitut im Oktober 1998 organisiert hatte, wurde vertan - trotz der großen Versprechen des damaligen Uni-Präsidenten Meißner und der damaligen Kultusministerin Hohmann-Dennhardt, trotz einer Zusage, die uns der jetzige Uni-Präsident Steinberg am Vorabend

seiner Wahl gab. Über hundert ehemalige Überlebende waren der Einladung gefolgt, für viele war es das erste Wiedersehen nach der Befreiung, für die meisten der erste Besuch der BRD. Es kam zu zahlreichen Begegnungen mit SchülerInnen und Studierenden im Casino des IG Farben Hauses - so hatten wir uns die Eröffnung der Universität vorgestellt, so war es uns und den Überlebenden versprochen worden. Seitdem sind viele dieser Zeitzeugen verstorben. Wenn die Universitätsleitung noch länger wartet wird die Chance eines solchen Treffen endgültig vertan sein. Es ist ein unverantwortliches Versäumnis, ein Versagen von Universität und Landesregierung, welches das Gerede von "historischer Verantwortung" unglaubwürdig und jede Möglichkeit auf einen angemessenen Umgang mit der NS-Geschichte für kommende StudentInnen-Generationen unmöglich macht!

Initiative Studierender im IG Farben Haus:

Die Initiative gründete sich im Herbst 2001, um eine "Gegeneröffnung" mit dem ehemaligen Widerstandskämpfer Peter Gingold zu organisieren. Nachdem einige von uns schon Jahre zuvor für die Einrichtung einer Dauerausstellung und der Gedenktafel und gegen die Umbenennung des IG Farben Gebäudes in Poelzig Ensemble gestritten haben, unterstützen wir nun den Vorschlag von Micha Brumlik, die Anschrift der Uni in Norbert Wollheim Platz zu ändern (ein ehemaliger Sklavenarbeiter, der eine ersten erfolgreichen Prozess gegen IG Farben i.A. führte) und setzen wir uns nun für die erneute Einladung aller Überlebenden von Buna-Monowitz ein. Wir fordern Universität und Land auf, ihrer Pflicht gegenüber den Überlebenden und den Studierenden gerecht zu werden und noch in diesem Jahr eine mehrtägige Begegnung zu ermöglichen!

Unser Anliegen ist es, die Geschichte des IG Farben Gebäudes auch im Studienalltag sichtbar zu machen. Am 27.01.2002 haben wir zum 57. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslager Auschwitz durch die Rote Armee eine Lesung der Namen ermordeter IG Farben Sklaven-arbeiter organisiert. Im letzten Semester haben wir den Film Rat der Götter gezeigt, in diesem Semester die Veranstaltungsreihe IG FARBEN revisited - Zwangsarbeit und Vergangen-heitspolitik organisiert und den Historiker Florian Schmaltz zum Thema der Kooperation von SS und IG Farben beim Bau des Vernichtungslagers Auschwitz eingeladen. Am 8. Mai konnten wir - sehr zu unserer Freude - Rudy Kennedy bei uns begrüßen. Er gehört zu den Überlebenden von Buna-Monowitz, die aus Ärger über die Einladungspraxis der Universitäts-leitung den Eröffnungsfeierlichkeiten fern blieben. Er ist außerdem eine Schlüsselfigur in der internationalen Kampagne zur Entschädigung von NS-Sklavenarbeitern. Gemeinsam mit dem Filmemacher Luke Holland zeigten wir seinen Film: "I was a slave labourer".

Helft uns, die Einladung der Überlebenden zu organisieren!
Nehmt Kontakt zu uns auf, informiert Euch auf http://copyriot.com/iniigfuni/

IG Farben sofort auflösen!

Wir fordern alle Studierenden im IG Farben Haus auf, sich mit uns zu einem studentischen Bündnis gegen IG Farben i.A. (in Abwicklung) zusammenzuschließen. Es ist unerträglich, dass der 'Blutkonzern' trotz der Auflagen der Alliierten nach den Nürnberger Nachfolge-prozesse 1948/49 immer noch weiterbesteht und als Aktiengesellschaft weiter Gewinne abwirft. Die jährliche Hauptversammlung, die immer in Frankfurt/ Main stattfindet, muss dieses Jahr verhindert werden! Solange Aktionäre noch Geld mit IG Farben Aktien machen, solange ist die Geschichte des IG Farben Konzerns nicht "Geschichte". Ein Gedenken, das vor dieser Realität die Augen verschließt verdient seinen Namen nicht: Es ist kein Akt des Erinnerns, sondern des Vergessenmachens - und macht sich zum Komplizen der Täter, die bis heute ihre Opfer verhöhnen und ihnen selbst den entgangenen Lohn für ihre "Zwangsarbeit" vorenthalten (um nichts anderes ging es beim Streit um "Entschädigung"). Sorgen wir dafür, dass die Hoffnung der IG Farben i.A. auf einen Schlussstrich zerschlagen werden - und der Schlussstrich unter IG Farben gezogen wird! Das gesamte Vermögen ist zur Entschädigung der überlebenden SklavenarbeiterInnen und ihrer Familien, so wie zum Erhalt der Gedenk-stätte Auschwitz zu verwenden! Zeigen wir uns solidarisch mit dem Kampf der Überlebenden und ihrer Angehörigen, die nach der durch die deutsche Seite erpressten "Rechtssicherheit" weiter für individuelle Entschuldigungen kämpfen - die bisher ausgebliebene Anerkennung nie wieder gut zu machender Schuld.

Kein "Rechtsfrieden" für die Profiteure der "Vernichtung durch Arbeit"!